Wer im Gemeindechor nur ein musikalisches Element des Gottesdienstablaufs sieht, tut den Sängerinnen und Sängern sowie der eigentlichen Aufgabe des Chores Unrecht. Für uns ein guter Grund, dem Chorwesen einmal ein wenig auf den Grund zu gehen.
Natürlich nimmt jeder den Gemeindechor zunächst einmal als Mitwirkenden im Gottesdienstablauf wahr. Das ist auch gut und richtig so, schließlich haben wir es in der Zeit der Corona-Pandemie leidlich erfahren müssen, was uns fehlt, wenn kein Gesang in den Gottesdiensten ertönt.
Gott sei gedankt, dass wir diese Phase hinter uns haben und unsere Kirche wieder mit Musik erfüllt wird.
Aber der Chor ist auch eine wichtige Gruppe in der Gemeinde, weil er die Gemeinschaft fördert. Musik ist die Klammer, aber ebenfalls von großer Bedeutung ist der Austausch untereinander in dieser Gruppe. Auch bei uns gilt der Grundsatz: Wenn du im Chor bist, bist du mittendrin!
Die Gemeindechorproben sind derzeit ca. alle zwei Wochen nach dem Sonntagsgottesdienst, es fällt also nicht mal ein zusätzlicher Weg an! Außerdem planen die Dirigenten, von Zeit zu Zeit Chortage durchzuführen, an denen auch einmal etwas ausführlicher geübt und auf bestimmte Ereignisse hingearbeitet wird. Diese sollen dann samstags stattfinden.
Interesse? Dann komm einfach dazu oder sprich direkt mit den Dirigenten!
Wir haben unsere drei Hauptdirigenten, Diakon Lukas Schulze, Diakon Bernd Metlitzky und Priester Christian Baumgart einmal nach ihrem Verständnis von Chorarbeit und ihren Gedanken für die Zukunft des Chores gefragt:
Was bedeutet Chor für euch?
Bernd: Vom Kinderchor bis zur Gegenwart war ich immer in Chören tätig. Singen ist ein großer Bestandteil meines Lebens. Zusammen singen, und dann noch zur Ehre Gottes, macht für mich das Musizieren in einer Gemeinschaft großartig.
Lukas: Stimmt! Das Gefühl, an einer gemeinsamen Sache zu arbeiten, mit der natürlichsten menschlichen Art Musik zu machen und am Ende etwas geschafft zu haben, ist fast unbeschreiblich. Ich kann sehr schnell darin eintauchen und eine nie endende Welt entdecken.
Christian: Das geht mir genauso, beim Singen kann ich schon schnell auch mal alle meine Sorgen für ein paar Momente vergessen.
Lukas: So soll es ja auch sein, schließlich berührt Chorgesang die Gefühlsseite der Menschen. Im Gottesdienst ist Chor für mich zudem wesentlicher Bestandteil, nicht als eine „Verschnaufpause“ zwischen Predigten oder als Routine oder Tradition. Chormusik berührt jeden auf ganz individuelle Art und kann dabei Gesagtes unterstreichen, aber auch einen weiteren, neuen Aspekt eröffnen.
Welche Herausforderungen stellen sich euch als Dirigenten?
Christian: Oft ist es bei mir die Möglichkeit für eine intensive Vorbereitung auf Gottesdienste und Übungsstunden zu finden, die mich vor Probleme stellt.
Lukas: Ich sehe es wie du, es ist immer wieder eine Herausforderung, die eigene dirigentische Vorbereitung der Lieder sicherzustellen, mir die musikalischen Interpretationen bewusst zu machen und vor allem aber eine strukturierte und gut durchdachte Probe vorzubereiten. Ist man in der Probe als Dirigent nicht gut vorbereitet, merkt das der Chor meistens sehr schnell.
Bernd: Es ist primäre Aufgabe der Dirigenten, dem Chor voranzugehen. Dies setzt voraus, das man seine Arbeit immer hinterfragt, an sich arbeitet und sich weiterbildet. Es gab in unserer Kirche musikalisch in den letzten Jahren sehr positive Entwicklungen. Gemeinsam zu erleben, dass man mit Anwendung von neuen Erkenntnissen der Stimmbildung und der gründlichen Auseinandersetzung mit den Stücken viel mehr Freude erlebt und ein schöneres Ergebnis erzielt, ist meine persönliche Herausforderung in der Chorarbeit.
Christian: Richtig, am Ende muss man ja nicht sich, sondern auch den Chor für die Musik, die gemeinsam geschaffen wurde, begeistern.
Lukas: Dazu kommen aber auch noch „soziale“ Herausforderungen: Jedes Chormitglied bringt sich persönlich im Hinblick auf die Stilistik der Musik, mit seine individuellen Chorerfahrungen und dem Grad der persönlichen Hingabe in die Gemeinschaft ein. Dies kann auch Konfliktpotential bergen. Als Chorleiter muss ich bereit sein, diese Konflikte zu führen. Als Dirigent bin ich zudem selbst Teil der Gruppe, dessen muss ich mir immer bewusst sein. Die Herausforderung besteht darin, dass die Chormitglieder die Chorleitung nicht als Diktatur empfinden, sondern sie erkennen können, dass sie an Entscheidungsprozessen im Chor teilhaben.
Bernd: Wir müssen alle Generationen in der Breite gewinnen, auch mit den dazugehörigen unterschiedlichen Interessen. Wusstet ihr eigentlich, dass man bis ins hohe Alter im Chor singen kann, wenn man „richtig“ mit seiner Stimme umgeht? Dazu zählt, sie regelmäßig erklingen zu lassen!
Was sind eurer Meinung nach die Voraussetzungen, um im Chor mitsingen zu können?
Lukas: Ich denke, zuallererst die Lust darauf und die Bereitschaft, Teil einer größeren Sache zu sein. Sich als Individuum in einen Komplex einzufügen und seine Stimme allen anderen zur Verfügung stellen zu wollen.
Christian: Aus meiner Sicht ist die Freude am Singen entscheidend und ein wenig musikalisches Taktgefühl. So fingen wir alle an, der Rest ergibt sich mit der Zeit.
Lukas: Richtig, sich darauf einzulassen, in einen persönlichen und gleichzeitig kollektiven Entwicklungsprozess einzusteigen, das ist sicherlich Voraussetzung. Weniger, Noten lesen oder seine Stimme bereits gut nutzen zu können.
Bernd: Es gibt wirklich nur sehr wenige Menschen, die nicht chorgeeignet wären. Die Frage ist also eher: Was hindert dich, in den Chor einzutreten? Natürlich muss man bereit sein, sich auf die Gemeinschaft und auf die Dirigenten einzulassen und sich einzuordnen, vielleicht auch mal sich zurückzunehmen. Zum mehrstimmigen Singen braucht man auch ein wenig Geduld mit sich selbst, bis man sich in seiner Stimmgruppe zurechtfindet. Von den persönlichen Voraussetzungen der Zuverlässigkeit, Beständigkeit und Verlässlichkeit aller Beteiligten brauchen wir hier wohl nicht noch besonders sprechen, jedem wird klar sein, ohne die geht es nicht.
Was würdet ihr gerne mit dem Chor noch ändern oder verbessern?
Bernd: Ich denke, wir Dirigenten sind offen für neue Musik. Auch der Gemeindechor ist für frische Stücke offen, es könnte auch mehrsprachig sein. Ich sehe da kein Problem. Gute Musik ist zeitlos.
Christian: Ich würde mir vorstellen können, mehr jugendliches Repertoire in den Chor einzubringen, da sind tolle Sachen dabei, die die Musikvielfalt in unserem Chor noch weiter ausbauen würden.
Bernd: Ich stimme dir zu, ja, das Alte bewusst bewahren und das Neue angehen.
Christian: Dafür wünsche ich mir einfach auch noch mehr Jugendliche in unserem Chor. Da sind noch Potenziale, die überhaupt nicht genutzt werden.
Bernd: Sehe ich auch so. Wie förderlich das Musizieren in der kindlichen und jugendlichen Entwicklung und bei der Bewältigung des täglichen Lebens ist und wieviel Freude es bringt und wie es die Gemeinschaft fördert, sollten wir in der Gemeinde immer wieder bewusst machen und durchgängig fördern.
Lukas: Ich sehe das genauso wie ihr, es wäre toll, sich in diese Richtungen weiterzuentwickeln. Ich würde aber auch noch gerne neben der Verbesserung der musikalischen Arbeit wie Chorklang und Bandbreite der Stücke an der sozialen Komponente des Chores arbeiten. Jeder und jede im Chor darf sich bewusst sein, dass die eigene Persönlichkeit und das eigene Verhalten Auswirkungen auf andere im Chor hat. Dieses Bewusstsein möchte ich fördern um aus dem Chor eine noch persönlichere und schönere Gemeinschaft zu machen, in der wirklich alle willkommen, mit ihren Gaben und Fähigkeiten gesehen und vor allem wertgeschätzt werden.
Schönes Schlusswort, lieber Lukas: „Komm, wie du bist“ gilt also auch und ausdrücklich für den Chor! Herzlichen Dank euch dreien!